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8. Bioregionalistisches Kriegertum Als Krieger-Elite innerhalb der bioregionalistischen Bewegung versteht sich die 1979 gegründete Umweltschutzgruppe »Earth First!«. Gründungsmitglieder sind neben Dave Foreman, einem enttäuschten Ex-Funktionär der reformistischen US-Umweltschutzorganisation „The Wilderness Society“, die Umweltaktivisten Mike Roselle, Howie Wolke, Bart Koehler und Ron Kezar. Der Name »Earth First!« (zu deutsch: „die Erde zuerst!“) war eine Idee von Foreman. Der Name sollte den konsequent biozentrischen Ansatz der fünf Gründungsmitglieder versinnbildlichen. »Earth First!« will die Erde, respektive die natürliche Umwelt des Menschen, nicht lediglich zum Nutzen der menschlichen Spezies verteidigen, sondern um ihrer selbst willen. Weil - laut Foreman – „jedes Lebewesen, egal ob vierbeinig, gefiedert, sechsbeinig, bewurzelt oder fließend“ ein Recht auf Leben hat. Mike Rosell entwarf das Logo der Gruppe: Eine grüne Faust in einem Kreis. Schon bald fand man einen geeigneten Leitspruch: „No Compromise in the Defense of Mother Earth!“ (zu deutsch: „Keine Kompromisse bei der Verteidigung von Mutter Erde!“). Heute umfasst »Earth First!« allein in den USA schätzungsweise über zehntausend Aktivisten. Dazu kommen »Earth First!«-Gruppen in Kanada, Großbritannien, Irland, Australien, Südafrika, Israel, den Philippinen, Indien, Südkorea, Russland, der Ukraine, Tschechien, Polen, Spanien, Finnland, Schweden, den Niederlanden und Deutschland. Sprachrohr der Bewegung ist das achtmal im Jahr erscheinende »Earth First! Journal« (POB 3023, Tucson AZ 85702, USA) Es gibt jedoch keine offizielle Mitgliedschaft bei »Earth First!« . Man definiert seine Zugehörigkeit nicht durch einen Mitgliedsausweis, sondern durch seinen Einsatz für die kompromisslose Verteidigung von Mutter Erde. »Earth First!« erlangte seine Berühmtheit hauptsächlich durch das sogenannte "Monkeywrenching". Dieser Begriff steht synonym für ökologisch motivierte Sabotageaktionen, auch Ökotage genannt, und lässt sich kaum ins Deutsche übersetzen. Das Monkeywrenching tauchte erstmals in einem 1975 in den USA erschienenen Roman von Edward Abbey mit dem Titel »The Monkey Wrench Gang« auf. Der Roman handelt von drei Männern und einer Frau, die durch die US-Bundesstaaten Utah und Arizona ziehen und Ökotage-Aktionen, wie z.B. die Zerstörung von Baumaschinen oder das Umsägen von Plakatwänden durchführen. Diese Aktionen werden dabei so detailliert beschrieben, dass sich der Roman streckenweise als eine Gebrauchsanweisung zur Ökotage liest. Das wichtigste Werkzeug für die in dem Buch beschrieben Sabotageaktionen ist ein Universalschraubenschlüssel (engl.: monkeywrench). 1985 erschien erstmalig das von Dave Foreman und Bill Haywood herausgegebene professionelle Handbuch zur Ökotage „Ecodefense – A Field Guide to Monkeywrenching“. Mittlerweile liegt eine dritte und erweiterte Auflage von „Ecodefense“ vor. Es existiert auch eine deutsche Übersetzung namens „Notwehr – Sabotage im Namen der Erde“, dessen Erwerb, Besitz und Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland jedoch unter Strafe steht und deshalb - im Gegensatz zur amerikanischen Originalausgabe - nicht über den Buchhandel erhältlich ist. In den USA und Kanada passiert es immer häufiger, dass Ökokrieger Bäume besetzen, wenn Urwälder abgeholzt werden sollen. Wenn neue Straßen gebaut werden sollen, verschwinden bei Nacht und Nebel die Markierungen der Vermesser. Forstmaschinen bleiben immer häufiger defekt liegen, weil Sand oder ein industrielles Schleifmittel der Hydraulik zugeführt wurde. Im Schutz der Dunkelheit werden Hochspannungsmasten gestürzt oder die Träger von Skiliften gefällt. In den Maschinenparks der Holzfäller die Maschinen demoliert oder die Bäume mit Nägeln präpariert, damit die Ketten der Motorsägen reißen. Jährlich wird dadurch in den USA ein Schaden von 20 bis 25 Millionen Dollar angerichtet. Oberstes Gebot beim Monkeywrenching ist strikte Gewaltlosigkeit „Verletze niemals jemanden! Respektiere alles Leben!“ lautet das Motto der Öko-Saboteure. Das Gebot der Gewaltlosigkeit scheint jedoch nicht für die Gegner der Ökokrieger zu gelten. Mehrfach wurden »Earth First!«-Aktivisten/-innen bedroht und zusammengeschlagen. Am 18. September 1997 wurde der »Earth First!«-Aktivist David "Gipsy" Chain aus Texas von aufgebrachten Holzfällern ermordet. Es gab auch schon Bombenanschläge auf »Earth First!«-Aktivisten/-innen. Hinter den Anschlägen vermutet man die US-amerikanische Bundespolizei FBI. Für weltweite Schlagzeilen und Sympathiebekundungen sorgte die 24-jährige »Earth First!«-Aktivistin Julia "Butterfly" Hill, die in einer Vollmondnacht des 5. Oktober 1997 einen über 600 Jahre alten Mammutbaum in den nordkalifornischen Redwoods bestieg, der später von ihr liebevoll "Luna" getauft werden sollte. In der Krone des Baumes baute sich die »Earth First!«-Aktivistin in circa 60 Metern Höhe eine Plattform, auf der sie so lange verharren wollte, bis die Holzverarbeitungsfirma „Pacific Lumber Company“ das schonungslose Roden der nordkalifornischen Urwälder einstellt. Das Ex-Fotomodell wurde dabei von ihren Freunden/-innen und anderen »Earth First!«-Aktivisten/-innen unterstützt, die sie unter anderem mit Lebensmitteln versorgten. Die Zermürbungstaktik der Pacific Lumber Company, die unter anderem darin bestand die Lebensmittelversorgung zu unterbinden oder Julias Schlaf mit grellen Scheinwerfern und Hubschrauberattacken massiv zu stören, schlug fehl. Die junge Frau verharrte weiter in "ihrem" Baum, von dem sie erst nach 737 (!) Tagen als Siegerin wieder hinunterstieg. Die Holzverarbeitungsfirma musste sich nach einem richterlichen Beschluß verpflichten, die Holzfällarbeiten einzustellen. Ein neues Betätigungsfeld für die Ökokrieger/-innen liegt offenbar im sogenannten Cyber-Terrorismus. Während des Weltwirtschaftsgipfels vom 25. bis 30. Januar 2001 in Davos gelang es einem Hackerkollektiv, das sich dem Namen »Virtual Monkeywrench« gab, die Weltnetzseiten des Weltwirtschaftsforums lahmzulegen. Es gibt mittlerweile auch vereinzelt »Earth First!«-Gruppen in Deutschland. Diese rekrutierten sich aber bisher überwiegend aus der autonomen Tierrechtsbewegung und weisen eine ausgeprägte linksdoktrinäre Gesinnung auf, die man in diesen Kreisen nur allzugern als "antifaschistisch" verklärt. Im Gegensatz zu den US-amerikanischen »Earth First!«-Gruppen distanzieren sich diese Leute ausdrücklich vom Bioregionalismus. In einem Schreiben aus dem Jahr 1996 der »Earth First!«-Gruppe im Ruhrgebiet distanzierte man sich mit aller Schärfe von „Vorstellungen und Tendenzen, die klar als nationalkonservativ, regionalpatriotisch oder als heidnisch-germanische Naturfrömmigkeit zu bezeichnen sind“. Doch in jüngster Zeit lässt sich innerhalb der bundesdeutschen Neuheiden-Szene ein verstärktes Interesse an den Themen Tiefenökologie, Bioregionalismus und Erdbefreiung beobachten. Es wäre also kaum verwunderlich, wenn in naher Zukunft einige Frauen und Männer aus dem Umfeld des zeitgenössischen deutschen Heidentums versuchen würden, der gegenwärtigen Natur- und Landschaftszerstörung aktiv entgegenzutreten. Schließlich bildet die heimische Natur die Grundlage jeder heidnischen Religiosität. Aus der germanischen Überlieferung sind uns kultische Maskenkriegerbünde wie die Berserker (Werbären), Ulfhednar (Werwölfe) und Svinfylking (Werwildschweine) bekannt. Ähnliche Wehrverbände gab es auch bei den heidnischen Kelten, Slawen oder Balten. Vielleicht erleben wir demnächst eine Wiedergeburt dieser antiken Kriegerkultur in Form heidnischer Ökokrieger. Dass dieses grüne Berserkertum unter der Fahne von »Earth First!« agieren wird ist zumindest gut vorstellbar. Da es sich – wie bereits beschrieben – bei »Earth First!« um keinen eingetragenen Verein mit offizieller Mitgliedschaft handelt, könnten die bereits bestehenden bundesdeutschen »Earth First!«-Gruppen dieses auch nicht verhindern. ⇒⇒⇒
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