www.bioregionalismus.info
Ökologie • Spiritualität • Regionalismus
Hauptseite
1. Einleitung
2. Die Geschichte der Umweltbewegung in Deutschland
3. Die gegenwärtige Umweltbewegung in den USA
4. Die Entstehung und Entwicklung des Bioregionalismus in den USA
5. Das Weltbild des Bioregionalismus
6. Bioregionalistiche Wirtschaftsmodelle
7. Bioregionalistische Spiritualität
8. Bioregionalistisches Kriegertum
9. Bioregionalismus in Deutschland?
10. Ausklang
11. Verwendete Literatur
4. Die Entstehung und Entwicklung des Bioregionalismus in den USA

Zu den Urvätern und -müttern der bioregionalistischen Bewegung dürfen ohne Zweifel die Hippies, deren Gegenkultur, die übrigens verblüffende Parallelitäten zur eingangs erwähnten deutschen Lebensreformbewegung aufweist und im sogenannten Summer of Love im Jahr 1967 ihren Höhepunkt erreichte, gezählt werden. Zu dieser Zeit beschreibt ein junger Poet namens Gary Snyder, der später einmal zu den wichtigsten Vertretern des Bioregionalismus avancieren sollte, in einer Presseerklärung seine Gruppe namens »Human-Be-In« als Männer, Frauen und Kinder – die versuchen, gemeinsam dem zeitlosen Weg der Liebe und der Weisheit zu folgen, in zärtlicher Gemeinschaft mit dem Himmel, den Wolken, den Bäumen, den Wassern, den Tieren und Pflanzen. In dieser Ausage erkennen wir die grundlegenen Ideen, die später in der bioregionalistischen Bewegung wieder aufgegriffen werden sollten: Die Sehnsucht nach einer alternativen Lebensweise verbunden mit einer antimodernistischen Grundhaltung.

Doch als die eigentlichen Vorreiter des Bioregionalismus zählt man die Diggers (zu deutsch: Erdarbeiter). Die Diggers waren eine Gruppe anarchistischer Rebellen, die Mitte des 17. Jahrhunderts in England Gemeinschaften gründeten und brachliegendes Land wieder zu bebauen, um die Erträge allen, die sie benötigten, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Ende 1966 griff eine Gruppe von Hippies die Philosophie der Diggers auf und gründeten in San Francisco ihren ersten Laden, einen sogenannten Free Store, in dem alle Produkte kostenlos ausgegeben wurden.

In den Jahren 1967 und 1968 begannen die Diggers zu expandieren. In allen großen Metroplen der USA wie New York, Los Angeles, Toronto und Boston entstanden neue Digger-Gemeinschaften. Die Hauptaufgaben dieser Gemeinschaften lagen darin, bei der Beschaffung von Unterkünften zu helfen, für die ärztliche Versorgung der Hippies zu sorgen, eigene Produkte herzustellen, Free Stores zu errichten und Begegnungsstätten für alle Anhänger der neuen Bewegung zu schaffen. Auch in Europa stieß die Bewegung der Diggers auf Nachahmer. In Amsterdam und London entstanden 1968 die ersten Digger-Gemeinschaften. Allerdings verlagerte sich die Bewegung der Diggers immer mehr in ländliche Gegenden, wo sie mit Landkommunen Kontakt aufnahmen und selber Farmen gründeten.

1973 gründeten die Diggers Peter Berg und Raymond Dasman in San Francisco die »Planet Drum Foundation«. Ziel dieser Organisation war der Entwurf sowie die Verbreitung und Förderung einer neuen Ethik, die auf einer Verbindung zwischen Ökologie, Politik und Spiritualität sowie lokalem und globalem Engagement basiert. In dem Gründungspapier dieser Gruppe heißt es: „Wir müssen einen Übergang schaffen von der spätindustriellen Gesellschaft zu allgemein akzeptierten Werten, Zielen und Einsichten, die sich in den regenerativen Prozess der Biosphäre einfügen, statt ihn zu missachten. Wir müssen anfangen, uns in das Leben einzugliedern, statt es zu beherrschen.

1974 wird der Terminus "Bioregion" erstmalig von Alan van Newkirk, einem Öko-Aktivisten aus Nova Scotia an der kanadischen Atlantikküste, verwendet. Newkirk versteht darunter einen ökologischen Lebensraum, in dem die Natur – also Pflanzen, Tiere und auch Menschen – eine umfassende, das Leben sichernde Gemeinschaft bilden“.  Die »Planet Drum Foundation« greift auf Initiative von Peter Berg diesen Begriff auf und entwirft daraus im Laufe der 1970er Jahre ein umfassendes Denkgebäude: den Bioregionalismus.

Bis Ende der 1980er Jahre beschränkt sich der Bioregionalismus auf Nordamerika, wo er sich mittlerweile zu einem der bedeutendsten Strängen der Alternativ- und Ökologiebewegung entwickelt hat.

Doch mit Beginn der 1990er Jahre findet er aber auch Anhänger in Großbritannien (z.B. in dem prominenten Öko-Theoretiker Edward Goldsmith) und anderen Teilen Europas, um dann ab 1995 auch im deutschen Sprachraum aufzutauchen, verbreitet in erster Linie durch die beiden Österreicher Roman Schweidlenka und Eduard Gugenberger.

Als erste bundesdeutsche Organisation greifen die wertkonservativen »Unabhängigen Ökologen Deutschlands« (kurz: UÖD) den Bioregionalismus auf und gründen im Frühjahr 1996 einen »Arbeitskreis für Bioregionalismus«.

Im Mai 1996 benennt sich der in Hagen/Westfalen ansässige »Naturkonservative Arbeitskreis Südwestfalen« in »Arbeitskreis Bioregionalismus Sauerland« um. Seit dem Frühjahr 1997 gibt der Arbeitskreis die bioregionalistische Zeitschrift »Die Stachelbeere« heraus und führt Gesprächskreise, Vortragsveranstaltungen und Seminare zum Bioregionalismus durch.


In Deutschland geriet der Bioregionalismus von Anfang an in das Visier der sogenannten Antifa. In Antifa-Publikationen wird der Bioregionalismus als „ökofaschistische Gesinnung“ oder „Blut-und-Boden-Ideologie“ bezeichnet. In dem Buch „Entspannt in die Barberei“ (Hamburg: Konkret Literatur Verlag, 1996) der bekennenden Marxistin Jutta Ditfurth heißt es u.a. dass der Bioregionalismus „ein völkisches Recht auf Heimat“ propagiere, ein „rassistisches Weltbild“ vertrete und einen „unfreien, gefesselten Menschen“ zum Ziel habe.

Aber auch von rechts wird vor dem Bioregionalismus gewarnt, weil man in ihm einen „gefährlichen Partikularismus“ wittert, der den Nationalstaat in Frage stelle. Darüber hinaus glaubt man im Bioregionalismus eine „multikulturelle und universalistische Versuchung“ entdeckt zu haben.

Um herauszufinden, ob diese Vorwürfe berechtigt sind oder nicht, sollten wir nun tiefer in die bioregionalistische Weltsicht eindringen. ⇒⇒⇒